So klingt der Winter

Es ist Sommer. Die Menschen laufen in kurzer Kleidung herum. Das DigiEnsemble auch. Mit einem Unterschied: Wir proben ein Weihnachtslied.

Als ich darum gebeten wurde, das Weihnachtslied „Stille Nacht“ für unsere digitalen Instrumente zu arrangieren, sah ich mich wieder mit der Zwiespältigkeit konfrontiert, dass ich einerseits gerne auf meinem iPad musiziere, aber dass ich andererseits im Gegensatz zu anderen Instrumenten, für die ich bis dato Stimmen ausgesetzt habe, noch nicht genügend im Instrument denke. Ich bin der Überzeugung, dass diejenigen, die sich ebenfalls ernsthaft mit dieser neuartigen Form des Musizierens beschäftigen, mir zustimmen werden, dass das Denken weg von alten Gewohnheiten schwer fällt. Wie schnell möchte man einfach nur einen Klang nachstellen, der vielleicht mit einem richtigen Klavier viel besser und (konsequenterweise) leider auch echter klingt? Dieses Gefühl der Ambivalenz bestimmte über eine lange Zeit mein Handeln.

Nachdem klar wurde, dass wir einen Popsong spielen werden, habe ich einige Ideen entworfen und häufig auch schnell wieder verworfen. Dabei oszillierten meine Ideen beständig zwischen Raumschiffmusik und klassischem Swing. Und ich war noch recht unzufrieden mit meinem Ergebnis, als wir sechs uns das erste Mal zur Probe trafen. Ich hatte für diese erste Probe zwei Vorschläge ausgearbeitet: Eine Swingvariante und eine etwas offener Skizze, die man im Nachhinein wohl als Captain Kirks Wiegenlied bezeichnen müsste. In den ersten Besprechungen darüber, wie wir eines der Stücke angehen würden, wurde allerdings schnell klar, dass der Weg ein ganz anderer sein müsste: Um zu erahnen, was echte iPad-Musik sein kann, muss sich diese aus sich selbst ergeben, damit also aus dem Musizieren mit iPads. Das heißt, dass wir anfingen mit den Ideen herumzuexperimentieren, die ich vorbereitet hatte. Es wurden Sounds ausgetestet, Rhythmen diskutiert und vieles ausprobiert und wieder weggelegt. Das Schöne an dieser Art des Arbeitens war, dass das Stück „Stille Nacht“ gewissermaßen den Felsblock darstellte, der nun bearbeitet wurde. Die Tests waren dabei das abgeschlagene Material, das hin zu einem Stück führte, das man sich so nicht vorgestellt hätte. Wir sechs arbeiteten dabei überwiegend zusammen, was meines Erachtens für Popmusik besonders geeignet ist, da die Gruppe an etwas Gemeinsamen feilt. Dadurch übernahm jeder Verantwortung für den jeweiligen Part, den er bzw. sie zu spielen hatte. Das Interessante war auch die Strukturierung, die sich erst recht spät ergab. Wir hatten ein paar Proben lang eher an Vorschlägen gearbeitet, als dass wir das Stück in eine feste Form brachten. Dieses Arbeiten gefiel nicht allen!

Ich habe im Nachhinein auch etwas das Gefühl bekommen, dass es insbesondere die Aufnahmesession war, die den Song fertig stellte und der Gruppe auch endgültig bewies, dass dies keines der Stücke war, die man sich halt so denken kann. Ich glaube, wir haben in Ansätzen nachspüren können, was es bedeutet im App-Instrument  – oder wie immer wir es nennen wollen – zu denken.

Danke an alle dafür, Euer Marc

Hier das Ergebnis:

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